Antrag auf Familiennachzug aus Deutschland – trotz Corona
Das VG Leipzig hat am 14.10.2020 einen Fall (Aktenzeichen 3 L 462/20) eines Ägypters entschieden. Dieser ist sicherlich für viele Personen von Interesse, die eigentlich ausreisen müssten, um ein Visum neu zu beantragen, aber wegen der Pandemie hier festsitzen. In diesem Fall wurde der Antragsteller aufgefordert, Deutschland zu verlassen, aber nach seiner Heirat bestand er darauf, von hier aus einen Antrag zu stellen.
Der Antragsteller ist ein ägyptischer Staatsbürger. Er hat zunächst einen Asylantrag gestellt, diesen aber später wieder zurückgezogen. Seit dem 1. April 2020 ist der Antragsteller vollstreckbar verpflichtet, das Land zu verlassen. Seine Anwesenheit wurde nach §60a AufenthG toleriert. Am 26. Juli 2019 heiratete er eine deutsche Staatsangehörige und stellte einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Familienzusammenführung.
Die Ausländerbehörde in Leipzig lehnte seinen Antrag ab, weil aufgrund von § 10 III 1 AsylG ein Ausländer, dessen Asylantrag rechtskräftig abgelehnt worden war, erst nach der Ausreise eine Aufenthaltserlaubnis erhalten konnte.
Nachdem der Antragsteller erfolglos Widerspruch gegen diese Entscheidung erhob, zog er vor das Verwaltungsgericht Leipzig. Das Gericht hatte über die Rechtsfrage zu entscheiden, ob der Antragsteller von hier aus einen Antrag stellen kann, oder nach seiner Ausreise von zu Hause aus beantragen muss. Er kann ausnahmsweise auf der Grundlage von § 5 II 2 AufenthG i. V. m. § 39 AufenthV von Deutschland aus beantragen, wenn besondere Umstände im Einzelfall wesentlich von der Situation vergleichbarer Ausländer abweichen. Im vorliegenden Fall gilt diese Ausnahme, weil seine Anwesenheit auf der Grundlage von §60a AufenthG geduldet wird. Gibt es also Ausnahmen von der Regelung in §10 AsylG?
Das Gericht stellte fest, dass die Regelung im Asyl Gesetz nur deutlich machen soll, dass der Ausländer die Möglichkeit hat, nach seiner Wiedereinreise nach Deutschland einen Aufenthaltstitel zu erhalten oder zu verlängern. Ein Ermessensspielraum der Behörde wird hiermit nicht eröffnet. Beide Bestimmungen können nicht gleichzeitig angewendet werden. Der §5 AufenthG verdrängt die Regelung im Asylrecht. Das besondere Recht auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in der Bundesrepublik Republik Deutschland und das Erfordernis, das Visumverfahren zu wiederholen, um die um die allgemeine Voraussetzung für die Erteilung eines Visums zu erfüllen, schließen sich gegenseitig aus. Mit anderen Worten: Erfüllt ein Antragsteller die Voraussetzungen für einen Aufenthaltes, kann diese Person von Deutschland aus einen Antrag stellen, ohne ohne vorher ausreisen zu müssen. Dies ist der Fall in Fragen des Familiennachzugs zu einem Ehegatten.
Das liegt daran, dass die Erleichterung der Visumspflicht im Falle eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland entfallen soll. Dies soll dem Umstand Rechnung tragen, dass bei Erfüllung aller relevanten Voraussetzungen für den Ehegattennachzug (hier die Eheschließung in Deutschland), es normalerweise ein reiner Formalismus wäre, den Ausländer, der einen Aufenthalt beantragt, ihn durch die Einholung eines Visums in seinem Heimatland unnötigen und kostspieligen finanziellen Belastungen auszusetzen.
Im vorliegenden Fall spricht vieles dafür, dass die Auswirkungen der aktuellen Corona-Pandemie auf den Ablauf des Visumverfahrens zu einer vorübergehenden Trennung der Ehegatten führen würde, die nicht mehr mit dem verfassungsrechtlichen Schutz der Ehe nach Art. 6 GG zu vereinbaren ist. Laut der Website der deutschen Botschaft in Kairo arbeitete die Botschaft seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie nur noch im Notbetrieb. Es ist daher nicht absehbar, wann ein Visumverfahren des Antragstellers bearbeitet werden könnte und eine lange und unzumutbare Dauer des Verfahrens ist zu erwarten.
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