Brauchen Drittstaatsangehörige mit Daueraufenthaltskarte ein Visum für die Einreise in die EU
Der Europäische Gerichtshof hatte über einen Fall zu entscheiden, bei dem ein Drittstaatsangehöriger mit einer Daueraufenthaltskarte an der Grenze erwischt wurde. Diese Person wurde beschuldigt, illegal in die Europäische Union illegal eingereist zu sein. Als Konsequenz daraus sollte er Einfuhrumsatzsteuer zahlen. Dieses Urteil ist vom 18. Juni 2020 (re C-754/18).
Ukrainer flog ohne Visum über London nach Ungarn
Bei einer Kontrolle von Passagieren eines Ryanair Fluges aus London kommend, stellte die Budapester Flughafenpolizei fest, dass ein ukrainischer Passagier kein Visum besaß. Er trug nur einen nicht-biometrischen Reisepass und eine gültige Daueraufenthaltskarte, die vom Vereinigten Königreich gemäß der Richtlinie über das Recht auf Freizügigkeit und Aufenthalt von EU Bürger und ihrer Familienangehörigen ausgestellt war. (Richtlinie 2004/38/EG).
Polizei verweigerte Einreise und verhängte Geldstrafe gegen Ryanair
Da die Polizei der Meinung war, dass dieser Passagier nicht über alle notwendigen Reisedokumente verfügte, um legal nach Ungarn einzureisen, verweigerten sie ihm die Einreise und forderten Ryanair auf, ihn nach London zurückzuschicken. Sie auferlegten Ryanair ein Bußgeld in Höhe von € 3000, weil sie es versäumt hatten Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass der Passagier die erforderlichen Reisedokumente besitzt.
Ryanair verklagt Ungarn wegen Bußgelds
Ryanair klagte vor dem Budapester Verwaltungs- und Arbeitsgericht. Dort focht die Fluggesellschaft die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts an, mit der die fragliche Geldstrafe verhängt wurde. Insbesondere machte Ryanair geltend, dass der betreffene Passagier berechtigt war, ohne Visum nach Ungarn einzureisen, weil er eine vom Vereinigten Königreich ausgestellte Daueraufenthaltskarte in Übereinstimmung mit der Richtlinie hatte. Das ungarische Gericht legte die Angelegenheit dem EuGH vor.
EuGH: Art der Aufenthaltskarte für Visumsbefreiung unerheblich
Der EuGH stellt fest, dass Art. 5 II der Richtlinie 2004/38/EG, diese Befreiung ausdrücklich nur für Inhabern einer Aufenthaltskarte für Familienangehörige eines Unionsbürgers gewährt. Allerdings ist dieser Umstand jedoch als solcher nicht geeignet, die Absicht des Unionsgesetzgebers zu belegen, die Familienangehörigen eines Unionsbürgers zu befreien, aber Inhaber einer Daueraufenthaltskarte auszuschließen. Dies ergibt sich aus einer umfassenden Analyse der Richtlinie. Da der Unionsgesetzgeber beabsichtigt, diese Befreiung für alle Familienangehörigen eines Unionsbürgers zu gewähren, die Inhaber einer wie auch immer gearteten Aufenthaltskarte sind. Familienangehörige eines EU-Bürgers, die eine Aufenthaltskarte erhalten haben, sollten ebenfalls von der Visumsbefreiung profitieren.
Alles andere widerspräche den allgemeinen Grundsätzen der EU. Der EuGH weist darauf hin, dass die Richtlinie dazu dienen soll die schrittweise Integration von Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates besitzen, in die Gesellschaft des Aufnahmemitgliedstaates zu gewährleisten. Die Erreichung dieses Ziels wäre jedoch gefährdet, wenn der Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt durch die Familienangehörigen eines Unionsbürgers zum Verlust der Visumsbefreiung führen würde, die sie vor dem Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt genossen.
EuGH bejaht Befreiung von der Visumspflicht
Der Gerichtshof entschied daher, dass ein Familienangehöriger eines Unionsbürgers, der nicht Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, aber eine Daueraufenthaltskarte besitzt, bei der Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von der Visumpflicht befreit ist.
Ähnliche Artikel:
Illegal ohne Vander Elst Visum
Vorzugsbehandlung für Drittländer bei der Einreise in die Heimat eines EU-Bürgers